Bundesgerichtshof
Urt. v. 12.03.1984, Az.: II ZR 198/82
Amtlicher Leitsatz:
Zur Frage, wann die Garantiebank gegenüber der Inanspruchnahme aus einer Garantie auf erstes Anfordern einwenden kann, der Garantiefall sei nicht eingetreten.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 1984
durch
den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. h.c. Stimpel und
die Richter Dr. Bauer, Dr. Kellermann, Bundschuh und Brandes
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Oktober 1982 wird auf Kosten der Klägerinnen mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen wird.
Tatbestand
Die Klägerinnen, in Großbritannien lebende Iranerinnen, nehmen die verklagte Bank im Urkundenprozeß aus einer Bankgarantie auf Zahlung in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Ec. Co. Bo. (ECB) verpachtete durch Vertrag vom 24. November 1978 – „acting as attorney for the owners“ – ein den Klägerinnen gehörendes Gewerbegrundstück in Te. an die Ir.-Ma.-De. SSK (IMD) bis 31. März 1980 mit einem Optionsrecht auf Verlängerung der Pachtzeit um 5 Jahre. In Ziffer 9 des Vertrages verpflichtete sich die Pächterin, das Grundstück mit Beendigung des Pachtvertrages zu räumen. Ferner heißt es in dieser Vertragsbestimmung:
„… Für den Fall, daß der Pächter das Grundstück nicht mit der Beendigung des Pachtvertrages räumt, ist ein Pachtzins in Höhe von 2,5 Mio Rials per angefangenem Kalendermonat an den Verpächter … zu zahlen. Zusätzlich zu diesem Pachtzins können der Verpächter und seine Rechtsnachfolger („Lessor and its assignees“) die Zahlung des DM-Gegenwerts von 2,5 Mio iranischen Rials … als Schadensersatz („liquidated damages“) fordern, zahlbar spätestens am 7. Tag eines jeden Monats, beginnend mit dem Monat Juli 1980. Diese zusätzliche Schadensersatzzahlung ist von einer Bank zu garantieren, wie es die Parteien gemäß dem beigefügten Annex I vereinbart haben …“
Diese Garantie hat die Beklagte durch das in englischer Sprache abgefaßte Schreiben an die ECB vom 10. Januar 1979 übernommen, dessen deutsche Übersetzung lautet:
Garantienummer …
Zwischen Ec. Co. Bo. Te. (ECB) und Ir. Ma.-De., Te. (IMD) ist am 24. November 1978 ein Pachtvertrag über Gewerbegebäude und eine gewerbliche Fläche in Teheran geschlossen worden, der am 31. März 1980 enden wird. Dieser Vertrag beinhaltet eine Klausel, die der Pächterin eine Option einräumt, das Pachtverhältnis unter einem neuen Pachtvertrag für weitere 5 Jahre auszudehnen. Für den Fall, daß die Pächterin weder von dieser Option Gebrauch macht noch das Pachtgrundstück bis zum 30. Juni 1980 räumt, ist die Pächterin verpflichtet, eine Vertragsstrafe („penalty“) von iranischen Rials 2,5 Mio monatlich, beginnend mit dem Monat Juli 1980, zusätzlich zu dem nach dem Pachtvertrag geschuldeten Pachtzins zu zahlen. Der Begriff der Räumung ist im Pachtvertrag definiert.
Im Hinblick auf diesen Vertrag garantieren wir, die D. Bank Aktiengesellschaft, Filiale U. hiermit unwiderruflich und unbedingt, an ECB oder ihre Rechtsnachfolger auf erste schriftliche Anforderung („to pay to ECB or its assignees on their first written demand“), welche uns am 1. Juli 1980 oder binnen eines Zeitraums von einem Monat danach zugehen muß, den Deutsche-Mark-Gegenwert von iranischen Rials 2,5 Mio. zu zahlen … Das Zahlungsverlangen von ECB sollte die Erklärung einschließen („The demand of ECB should contain the statement“), daß IMD weder die Option ausgeübt noch das Pachtgrundstück bis zum 30. Juni 1980 geräumt hat.
Diese Garantie ist revolvierend und erneuert sich automatisch in Höhe desselben Rial-Betrages. Der Begünstigte ist berechtigt, unter dieser Garantie den Deutsche-Mark-Gegenwert von iranischen Rials 2,5 Mio. … für jeden dem Monat Juli 1980 nachfolgenden Monat zu fordern, bis zu dem die Räumung verzögert wird.
Zahlungen unter dieser Garantie werden von uns binnen 1 Woche seit dem Tag des Zugangs der erwähnten Zahlungsanforderungen erfolgen. Diese Garantie erlischt, sobald die Pächterin erklärt hat, daß sie das Pachtgrundstück geräumt hat und diese Erklärung entweder belegt wird mit
a)
einem Schreiben, welches die Räumung des Pachtgrundstücks bestätigt und von ECB oder Frau Nezhat Mo. I. (Klägerin zu 2) oder Frau Maryam Mo. I. (Klägerin zu 1) unterzeichnet ist
b)
mit einem Protokoll, das von dem zuständigen Teheraner Gericht stammt und beweist, daß das Pachtgrundstück geräumt ist,
c)
mit einem von der Handelskammer Zürich autorisierten Protokoll, das die Räumung des Pachtgrundstücks beweist.
In jedem Fall wird diese Garantie jedoch am 30. Juni 1982 enden …“
Mit Schreiben vom 12. Januar 1979 trat die ECB die Garantie an die Klägerinnen ab. Darin heißt es:
„Im Nachgang zu den Verhandlungen … und nach Erhalt der Bankgarantie Nr. 256/603/79 der D. Bank AG, U. … überreichen wir Ihnen anliegend diese Garantie zur sicheren Aufbewahrung und zum Gebrauch, da wir Ihnen hiermit diese Garantie unumschränkt abtreten“.
Am 11. November 1979 forderte der Oberbürgermeister von Teheran die IMD auf, das Pachtgrundstück binnen einer Woche zu räumen, da es als Eigentum der Familie I., zu der die Klägerinnen gehören, verstaatlicht worden sei. In diesem Zusammenhang verhandelte die IMD mit der U. Te. B. Company (UTBC) über den Verkauf von Werkstatteinrichtungen und sonstigen Investitionsgegenständen. Am 3. Februar 1980 kam es zum Vertragsschluß. In der Präambel dieses Vertrages heißt es, UTBC habe das Pachtgrundstück entsprechend den früheren Erlassen des Oberbürgermeisters von Teheran in Besitz genommen, wozu sie berechtigt sei, da das Eigentum daran auf die Regierung der islamischen Republik Iran Übergegangen sei. Am 5. Februar 1980 nahm UTBC das Grundstück, das schon seit November 1979 teilweise besetzt war, endgültig in Besitz.
IMD hat von ihrem Optionsrecht keinen Gebrauch gemacht. Mit Schreiben vom 20. Mai 1980 teilte sie der Beklagten mit, daß sie das Anwesen mit Wirkung vom 5. Februar 1980 geräumt habe. Gleichzeitig übersandte sie zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Angaben eine Ablichtung eines von ihr am 28. März 1980 erwirkten Protokolls des Friedensgerichts Teheran. Die Beklagte teilte daraufhin den Prozeßbevollmächtigten der Klägerinnen mit Fernschreiben vom 23. Mai 1980 mit, daß die Garantie erloschen sei.
Mit Anwaltsschreiben vom 10. Juli 1980 nahmen die Klägerinnen die Beklagte aus der Garantie in Anspruch und erklärten unter anderem:
„Namens und im Auftrag unserer Mandantinnen bemerken wir folgendes:
1.
Mit schriftlicher Abtretungserklärung vom 12.1.1979 (Kopie liegt an) erwarben unsere Mandantinnen vom Ec. Co. Bo. die Rechte aus der obenbezeichneten Garantie Ihres Hauses.
2.
Namens und im Auftrag unserer Mandantinnen fordern wir Sie auf, entsprechend den Bedingungen der obenbezeichneten Garantie für den Monat Juli 1980 den DM-Gegenwert von 2,5 Mio iranischen Rials … an uns zu zahlen. …
3.
Namens und im Auftrag unserer Mandantinnen erklären wir, daß
a)
die Ir.-Ma.-De. SSK die im Text der obenbezeichneten Garantie erwähnte Option auf eine 5jährige Verlängerung des Pachtvertrages nicht ausgeübt hat und
b)
daß Ir.-Ma. De. SSK das Pachtgrundstück nicht bis zum 30.6.1980 entsprechend dem in der Garantie ebenfalls erwähnten Pachtvertrag vom 24.11.1978 geräumt hat. …“
Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die Garantie sei nicht erloschen, weil die IMD ihnen das Pachtgrundstück bis heute nicht in geräumtem Zustand herausgegeben habe. Deshalb seien sie berechtigt, für den Monat Juli 1980 den Gegenwert von 2,5 Mio Rials im Betrage von 63.000 DM nebst Zinsen zu fordern.
Nach Ansicht der Beklagten stehen die Ansprüche aus der Garantie nicht den Klägerinnen, sondern ECB zu. Im übrigen sei die Garantie erloschen; überdies sei es rechtsmißbräuchlich, daß die Klägerinnen Ansprüche aus der Garantie geltend machten, obwohl ihnen bekannt sei, daß das Pachtgrundstück enteignet worden sei.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihren Zahlungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
Nach der von den Parteien nicht beanstandeten Feststellung der Vorinstanzen ist auf den vorliegenden Fall deutsches Recht anzuwenden.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Klage nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand allerdings nicht schon wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerinnen abgewiesen werden. Das Berufungsgericht, das diese Frage im Ergebnis offen gelassen hat, neigt zu der Annahme, die Klägerinnen selbst seien die Garantiebegünstigten und deshalb berechtigt, die Ansprüche daraus geltend zu machen. Mit dem Landgericht ist das zu verneinen. Aus dem Wortlaut des Garantievertrages ergibt sich dies nicht. Im Gegensatz zum Pachtvertrag wird im Garantievertrag nicht erwähnt, daß ECB als Vertreterin der Klägerinnen handelt. Zur Auslegung dieses Vertrages kann der Pachtvertrag, der der Beklagten nicht bekannt war, nicht herangezogen werden. Gegen die Auslegung, unter der Bezeichnung ECB seien die Klägerinnen gemeint, spricht ferner die Formulierung im Vertrag, daß Zahlungen an „ECB or its assignees“ geleistet werden, eine Abtretung der Rechte aus der Garantie also bereits bei Vertragsabschluß erwogen worden ist. Im übrigen wurde eine Auslegung, für die sich im Text des Garantievertrages keine Anhaltspunkte finden und die sich auf Umstände außerhalb der Urkunde stützen müßte, dem Grundsatz der Garantiestrenge widersprechen, weil sie die Rechtslage der Bank durch eine Verschärfung der Prüfungspflichten unzumutbar verschlechtern würde. Sind die Klägerinnen somit nicht selbst die Garantiebegünstigten, können sie ihre Rechte nur durch Abtretung von ECB erworben haben. Dies haben sie schlüssig vorgetragen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die rechtsgeschäftliche Abtretung der auf Zahlung einer Geldsumme gerichteten Forderung aus einer Garantie ohne weiteres zulässig. Dies wird allgemein vertreten (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht 2. Ausgabe Rdn. 1149; Hadding/Häuser/Welter, Sonderdruck Bürgschaft und Garantie in der Reihe Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, herausgegeben vom Bundesminister der Justiz, S. 714 ff.; Nielsen, Bankrecht und Bankpraxis 5/167; Pleyer, WM 1973, Sonderbeilage 2 S. 20; Graf von Westphalen, Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr S. 198 ff.). Umstritten ist hingegen, ob die Inanspruchnahme der Garantie ungeachtet der Abtretung vom Begünstigten ausgehen muß, insbesondere die Erklärung, daß der Garantiefall eingetreten sei. Dies braucht hier nicht allgemein entschieden zu werden. Daß die Klägerinnen bei unterstellter Wirksamkeit der Abtretung berechtigt sind, die Garantie anzufordern und die Erklärung über den Eintritt des Garantiefalles abzugeben, haben die Parteien vereinbart, wie die Auslegung des Garantievertrages ergibt. Nach dem Wortlaut des Vertrages ist nicht nur die ECB, sondern sind auch deren Zessionare berechtigt, die Garantie anzufordern. Die Wendung: „to pay to ECB or its assignees on their first written demand“ bringt durch die Verwendung des Plurals „their“ zum Ausdruck, daß die erste schriftliche Anforderung von ECB oder deren Rechtsnachfolgern ausgehen kann. Entgegen der Ansicht der Beklagten bezieht sich das Wort „their“ nicht auf die ECB; dies läßt sich aus der Verwendung des Wortes „its“ in Bezug auf die ECB schließen. Steht damit fest, daß die Klägerinnen berechtigt wären, die Garantie anzufordern, so scheitert der Anspruch nicht etwa daran, daß die Erklärung, der Garantiefall sei eingetreten, von ihnen und nicht von ECB abgegeben worden ist. Zwar heißt es einige Sätze nach der Regelung über die Inanspruchnahme der Garantie: „The demand of ECB should contain the statement that IMD has neither exercised the Option nor vacated the premisis until june 30, 1980“. Dieser Satz kann nicht dahin verstanden werden, daß nur ECB die Erklärung über den Eintritt des Garantiefalles abgeben kann. Da die Vertragsparteien von Anfang an die Abtretung der Ansprüche aus der Garantie ins Auge gefaßt haben, ist nur die Auslegung sinnvoll, daß der jeweilige Inhaber der Garantieansprüche auch die Erklärung abgeben kann und muß, der Garantiefall sei eingetreten. Es ist naheliegend, daß man bei der Formulierung des Vertrages an dieser Stelle aus Vereinfachungsgründen nicht noch einmal die Worte „or assignees“ wiederholt hat.
Obwohl nach allem in der Revisionsinstanz davon ausgegangen werden muß, daß die Klägerinnen berechtigt sind, die Rechte aus der Garantie geltend zu machen, und die formalen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme vorliegen, hat die Klage im Urkundenprozeß keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Garantiebank bei einer Garantie auf erstes Anfordern, wie sie hier vereinbart worden ist, auf Verlangen des Begünstigten die Garantiesumme zahlen muß, ohne geltend machen zu können, die Hauptschuld im Valutaverhältnis sei nicht entstanden oder erloschen, daß aber auch dieser Einwendungsausschluß den Maßstäben von Treu und Glauben unterliegt. Ist insbesondere offensichtlich oder liquide beweisbar, daß trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen (formeller Garantiefall) der Garantiefall im Valutaverhältnis (materieller Garantiefall; vgl. Hadding/Häuser/Welter a.a.O. S. 718 Fußn. 806) nicht eingetreten ist, so scheitert der Zahlungsanspruch aus der Garantie am Einwand, des Rechtsmißbrauchs.
Ein solcher Fall liegt hier vor. Nach der Feststellung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Schreiben des Oberbürgermeisters von Teheran vom 11. November 1979 an IMD und aus der Präambel des Vertrages zwischen IMD und UTBC, daß iranische Behörden das Pachtgrundstück spätestens Anfang Februar 1980 im Zuge der revolutionären Wirren aufgrund behaupteter Enteignung gewaltsam in Besitz genommen haben. Damit hat die Beklagte mit den im Urkundenprozeß statthaften Beweismitteln bewiesen, daß IMD der Besitz am Pachtgrundstück durch höhere Gewalt entzogen und ihr die Herausgabe des Grundstücks an die Klägerinnen unmöglich geworden ist. Die Pächterin ist deshalb gemäß § 275 BGB von der Pflicht frei geworden, das Grundstück herauszugeben. Damit ist auch die Voraussetzung für die in Ziffer 9 des Pachtvertrages vereinbarte Zusatzzahlung entfallen. Es liegt für jedermann ohne weiteres auf der Hand, daß die Pächterin den Gläubigerinnen nichts schuldet, wenn ihr das Grundstück durch staatlichen oder revolutionären Eingriff weggenommen worden, ist.
Nach dem im Urkundenprozeß maßgeblichen Sachverhalt steht sonach fest, daß die Inanspruchnahme der Garantie durch die Klägerinnen offensichtlich unbegründet ist und diese sich unter Ausnutzung der durch den Garantievertrag gegebenen formalen Rechtsstellung einen Vermögensvorteil verschaffen wollen, der ihnen nicht gebührt.
Die Revision rügt allerdings, daß das im Urteil des Landgerichts (GA 221) wiedergegebene Vorbringen der Klägerinnen nicht genügend berücksichtigt worden sei, IMD habe „die UTBC und die diese Gesellschaft leitende Teheraner Stadtverwaltung quasi eingeladen …, das Pachtgrundstück zu übernehmen“. Diese Behauptung ist dahin zu verstehen, IMD habe die Beschlagnahme arglistig herbeigeführt. Träfe das zu, dann wäre der Einwand des Rechtsmißbrauchs nicht mehr möglich. Denn der Umstand, daß IMD das Grundstück nicht zugunsten der Klägerinnen räumen könnte, wäre dann von ihr zu vertreten und kein Fall höherer Gewalt. Dann könnte aber auch die Beklagte nicht mehr geltend machen, der Garantiefall sei offensichtlich nicht eingetreten, denn er sollte gerade als eingetreten gelten, wenn IMD das Grundstück (aus zu vertretenden Gründen) nicht räumte. Das Berufungsgericht hat allerdings gemeint, das Rechtsverhältnis zwischen IMD und den Klägerinnen sei so auszulegen, daß IMD, weil sie das Grundstück nicht mehr herausgeben kann, zwar auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB, nicht aber auf die als Vertragsstrafe anzusehende monatliche Zusatzzahlung von 2,5 Mio Rial hafte; nur für die Zusatzzahlung, nicht aber für jenen Schadensersatzanspruch habe IMD die Bankgarantie gestellt, deshalb sei kein Garantiefall gegeben. Ob dieser Vertragsauslegung zuzustimmen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann daraus nicht hergeleitet werden, die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Garantie sei mißbräuchlich. Die Frage, ob die von IMD versprochene Zusatzzahlung auch dann verwirkt ist, wenn IMD die Herausgabe des Grundstücks an die Klägerinnen arglistig verwirkt hätte, ist im Innenverhältnis zwischen diesen Vertragspartnern zu klären. Ob sie im Sinne des Berufungsgerichts zu beantworten ist, ist nicht unzweifelhaft, liegt aber jedenfalls nicht so auf der Hand, daß die Beklagte den Klägerinnen den Vorwurf machen könnte, sie machten offensichtlich zu Unrecht und damit rechtsmißbräuchlich von der Garantie Gebrauch. Würde man mit dem Berufungsgericht zulassen, daß ein solcher, erst im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnder Einwand aus dem Valutaverhältnis im Garantieprozeß zu prüfen wäre, um die Garantie durchzusetzen, würde man den Sinn der Garantie auf erstes Anfordern vereiteln: Abgesehen von dem Zweck, dem Gläubiger möglichst problemlos zu seinem (berechtigten) Anspruch zu verhelfen, hat sie auch den Sinn, im Streitfall die Prozeßlage umzukehren und rechtliche oder tatsächliche Streitfragen, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, nach vollzogener Zahlung in einen eventuellen Rückforderungsprozeß zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem zu verlagern. Die unter Beweis gestellte Behauptung, IMD habe die Unmöglichkeit, das Grundstück herauszugeben, arglistig herbeigeführt, ist daher in dem Sinne schlüssig, daß sie den bislang urkundlich begründeten Einwand, die Bankgarantie werde mißbräuchlich geltend gemacht, ausräumt,
Allerdings haben die Klägerinnen für die maßgeblichen Tatsachen keine Beweismittel anzugeben vermocht, die im Urkundenprozeß zugelassen wären. Deshalb ist ihre Klage zwar abzuweisen, aber nicht als unbegründet, sondern nur als in der gewählten Prozeßart unstatthaft. Mit dieser Maßgabe war die Revision der Klägerinnen als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kosten des Rechtsstreits sind den Klägerinnen aufzuerlegen, weil infolge Verschließung des Klageweges der Klageantrag in vollem Umfang abgewiesen wird, mag es auch für die Klägerinnen möglicherweise wirtschaftlich einen Erfolg darstellen, daß die Klage nicht als sachlichrechtlich unbegründet, sondern nur als verfahrensrechtlich unstatthaft abgewiesen wird (BGHZ 10, 303, 306) [BGH 21.09.1953 – III ZR 347/52].